Selten wurde eine Komposition so überschwänglich gefeiert, wie dieses neue Glanzlicht im Oevre der noch jungen Lena Meyer-Landrut. Ist schon in der kompositorischen Klarheit und Stringenz die Aufgabe der Dur-Moll-Tonalität zu Gunsten einer freien Atonalität ganz in der Tradition eines Arnold Schönbergs, die ungehinderte Entfaltung des musikalischen Ausdrucks mit dem vollen Triebleben der Klänge zu erkennen, so greift der so scheinbar simple Liedtext die gesellschaftlich und psychologische Dimension einer zutiefst verunsicherten und in sich gespaltenen Kultur in einer Prägnanz auf, die den Kritiker bewundernd erschauern lässt.
Hier die Rohfassung:
Instrumentalisierte Fassung: LML feat. Patrick Sommer - (Ich bin der) Pipimann
Das jambische "Ich bin" assoziiert einen René Descartes, der die eigene Erkenntnisfähigkeit als nicht weiter kritisierbares Fundament formuliert. Und drängt sich nicht unmittelbar das Imperiale „L’État, c’est moi" eines Sonnenkönigs auf, gleichbedeutend einem "Jetzt bin ich drin. Jetzt bin ich drin im Geschäft", auf. Selten wurde das universelle Prinzip der Resonanz "Manifestiere all das, was Du Dir im Leben wünschst" so unmissverständlich dargeboten.
Gehen wir weiter im Text und erkennen zuerst den "Pipimann" und die erst an zweiter Stelle die "Pipifrau". Ist das nur der Ausdruck einer um Euphemismus wenig bemühten Dichtkunst? Ist das Pipi als Konnotat oder gar als Denotat zu Mann und Frau zu verstehen? Spiegelt sich hier gar der Kampf der Maskulinität als Konfliktlösung durch fairen Kampf gegenüber der Femininität als Konfliktlösung durch Gleichheitsprinzip wider? Nein, die Autorin führt genau dieses Prinzip ad absurdum, in dem sie es ironisch bricht oder auch nicht! Pipi als das Pipi schlechthin, nicht im übertragenen Sinne, sondern als das Niedere, Abstößige, nicht Gesellschaftsfähige. Ist nicht nach Fischer-Homburg die westlich-neuzeitliche Geschichte der Kontrolle der Nahrungsaufnahme und -ausscheidung identisch mit der Geschichte der Etablierung der kontrollierenden Herrschaft "des Mannes" über die Welt? Und verharrt hier nicht der Mann auf der Entwicklungsstufe eines dauernd reviermarkierenden Paschas, während die Frau sich mit dem cognitiven Imperativ "Das weiß ich ganz genau" des Mannes Verweiblichung, seine Entmannung betreibt, sein ganzes künstlerisches Schaffen konterkariert.
Ich bin der Pipi-Mann, ich mach’ Pipi wann ich kann. Ich bin die Pipi-Frau. Und das weiß ich ganz genau!
Lena Meyer-Landrut hat sich damit in eine Reihe mit den großen Philosophen von Platon über Thomas von Aquin bis zu Immanuel Kant gestellt. Es steht außer Frage, dass Lenaismus und Lenastenie Ethik und Philosophie revolutionieren wird. So bleibt uns abschließend nur noch die Aufgabe die vier Kantschen Fragen in das Lenaistische Universum einzuführen
Was kann ich über Lena wissen?
Was soll ich für Lena tun?
Darf ich auf ein Treffen mit Lena hoffen?
Was ist der Mensch ohne Lena?
Autor / Quelle: Ritter der Lilie / Lena Meyer-Landrut Fanclub
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen